Festlegung des Mindesthaltbarkeitsdatums

Das wichtigste in Kürze:

Zur MHD-Bestimmung wird in der Regel ein Lagertest durchgeführt, dieser kann durch einen Produktstress beschleunigt stattfinden. Bei lang haltbaren Produkten setzt der Geschmack meist die Grenze. Priorität genießt jedoch immer die Mikrobiologie, da ein sicheres Lebensmittel gewährleistet werden muss. Im Rahmen der QS sollte auch das MHD in einem Probenplan regelmäßig überprüft werden.

An was kann man sich bei der MHD-Bestimmung orientieren?

Wenn möglich, orientiert man sich bei einem neuen Produkt an bestehenden ähnlichen Produkten, die bereits im eigenen Betrieb hergestellt werden. Zudem kann ein einheitliches MHD innerhalb einer Produktsparte unter Umständen interne Prozesse erleichtern, z.B. die Handhabung der Rückstellmuster.

Stellt man selber noch kein Produkt in der Kategorie her, dann kann ein Marktcheck eine erste Einschätzung geben. Während in manchen Ländern das Produktions- und das Mindesthaltbarkeitsdatum genannt werden muss, wird es einem in Europa nicht so leicht gemacht, bei der Konkurrenz die Haltbarkeitsdauer festzustellen. Mit etwas Produktkenntnissen kann man aber das durch das im LEH vorgefundene MHD durchaus eine grobe Einschätzung machen. Üblicherweise werden „volle“ Zeiträume verwendet. Also meist volle Monate und oft auch dreimonateweise, d.h. eher 9 Monate als 8 Monate.

Zur allgemeinen Orientierung zählt PIRINGER übliche Zeiträume auf:

  • Leicht verderblich: 2 bis 30 Tage (Milchprodukte, frische Bäckereien, Frischfleisch, Geflügel, Fisch, frisches Obst und Gemüse). Gekühlte oder tiefgekühlte Lagerung.
  • Begrenzt haltbar: 30 bis 90 Tage. Pasteurisation.
  • Lagerstabil: 90 Tage bis 3 Jahre. Trockene oder sterilisierte Lebensmittel. Auch durch Schutzgas möglich (Kartoffelchips).
  • Unbegrenzt haltbar: Salz, Zucker.

(Piringer, 1993, S. 21f)

Bestimmung durch einen Lagertest

Durch die Komplexität der Wechselwirkungen und dem schwer abschätzbaren Verlust an sen­sorischer Qualität wird in der Regel zur Bestimmung des MHDs ein Lagertest durchgeführt. Wer es ganz korrekt machen möchte, führt diesen nach einem Transporttest, entsprechend des Distributionswegs, durch.

Referenzmuster

Um für den Vergleich zum Zustand direkt nach der Produktion ein möglichst gleichbleibendes Referenzmuster zu haben, solle dieses tiefgekühlt bzw. im Bereich 0 bis 1 °C und unter Vakuum bzw. Stickstoffatmosphäre gelagert werden (Piringer, 1993, S. 26f). Die DIN 10968 (Sensorische Prüfung – Ermittlung und Überprüfung der Mindesthaltbarkeit von Lebensmitteln) zählt ebenfalls ein solches Referenzmuster unter Nr. 4.2.2 als eine Möglichkeit auf, wenn auch nicht mit konkreten Temperaturwerten.

Es sei angemerkt, dass die DIN 10968 zuletzt 2003 geändert wurde und seit 2015 die interna­tionale ISO 16779 das Thema MHD-Überprüfung bedient. Seit 2017 befindet sich daher die DIN ISO 16779 im Entwurfsstadium, sie soll die DIN 10968 ersetzen. Sie führt unter Nr. 4.2.2 nur noch drei Möglichkeiten für ein Referenzmuster auf: Der bisherige Standard mit seinen beschreibenden Daten, ein jeweils frisch hergestelltes Muster und das bereits angesprochene schonend gelagerte Referenzmuster.

beschleunigter Lagertest/Zeitraffer

Wenn nicht bereits durch eine Verpackungskonformitätsprüfung ein Lagertest durchgeführt wurde, so sollte dieser im Idealfall vor dem Markteintritt die volle geplante MHD-Zeit hinweg durchgeführt werden. Bei einer sehr langen Haltbarkeit kann dies jedoch zu einer erheblichen Verzögerung des Markteintritts führen, so dass in der Praxis auch beschleunigte Lagertest durchgeführt werden, etwa durch eine erhöhte Temperatur. Für die Relation der Beschleunigung und der eingestellten Temperatur (die zu hoch angesetzt zu chemischen Veränderungen führen kann, die bei Raumtemperatur nicht auftreten würden) gibt es jedoch keine genaue Vorgabe, da dies stark vom Produkt abhängig ist. Die DIN 10968 führt in Nr. 4.3.3 die Reaktions-Geschwindigkeits-Temperatur-Regel nach van’t Hoff auf, mit der diese Relation abgeschätzt werden kann. Als Beispiel wird die Erhöhung der chemischen Reaktionsgeschwin­digkeit um den Faktor 2 bei einer Temperaturerhöhung um 10 °C genannt. Weitere Beispiele sind in DIN 10968, Nr. 4.3.4 genannt.

Im DIN-Entwurf DIN ISO 16779 ist die Reaktions-Geschwindigkeits-Temperatur-Regel nach van’t Hoff unter Nr. 4.3.4 weiterhin genannt, es wird jedoch zusätzlich das Arrhenius-Gesetz unter Nr. 4.3.3 erwähnt, welches in der Vorgängerversion (DIN 10968) noch nicht auftauchte. Gleichzeitig wird im DIN-Entwurf darauf hingewiesen, dass das Arrhenius-Gesetz nur dann nützlich sei, wenn sich die Wasseraktivität im Produkt im Laufe der Lagerung verändert.

Hier muss jedes Unternehmen mit seinem spezifischen Produkt Erfahrungen sammeln. Es besteht zudem die Möglichkeit, zunächst mit einem gering angesetzten MHD die Vermarktung zu starten und es bei besserer Kenntnis für die folgende Produktionschargen zu erhöhen.

Was bestimmt die Grenze?

Wie bereits angesprochen, können mehrere Faktoren limitierend sein, z.B. Mikrobiologie, Sensorik, Vitamingehalt. Bei leicht verderblichen Produkten spielt die Vermehrung von gesundheitsschädlichen Mikroorganismen die größte Rolle. Bei haltbaren Produkten ohne Kühlpflicht ist es eher die Sensorik.

Dabei zählt zur Sensorik alles mit den menschlichen Sinnen erfassbare, also bei Lebensmitteln vor allem Aussehen, Geschmack und Textur. Aber auch das hörbare Knacken bei einem Keks kann limitierend sein. Man sollte das eigene Produkte oder zumindest die Produktkategorie gut kennen. Eine geschmackliche Beeinflussung ist auch durch die Verpackung möglich, ist aber streng genommen durch VO (EG) Nr. 1935/2004, Art. 3, Abs. 1, lit. c verboten.

Priorität hat jedoch immer die Mikrobiologie, da ein nicht sicheres Lebensmittel unbedingt vermieden werden muss. Während die VO (EG) Nr. 2073/2005 über mirkobiologische Kriterien nur wenige Parameter aufführt, bietet die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) mit ihren Richt- und Warnwerten genauere Orientierung, gerade was spezifische Lebensmittelgruppen betrifft. Solange die Veröffentlichungen noch im Entwurfstadium sind, sind sie kostenlos abrufbar. In jedem Fall sollten die untersuchten Parameter mit dem Labor abgesprochen werden. Ebenso benötigt die Beurteilung der Ergebnisse Fachkenntnisse.

Laufende Qualitätssicherung

Alle Produkte im Sortiment sollten nach einem Probenplan regelmäßig untersucht werden. Und zwar mikrobiell und sensorisch. Falls Vitamine oder andere Stoffe ausgelobt werden, die sich ab- oder umbauen könnten, sollten auch diese untersucht werden.

Um nicht zum MHD-Zeitpunkt eine böse Überraschung zu haben und dann nicht zu wissen, wie lange das Produkt denn noch den Spezifikationen entsprach, macht es Sinn so viele Rückstellproben zu lagern, dass man bereits vor dem MHD zumindest die Sensorik überprüfen kann. Z.B. nach 9 Monaten bei einem 12 Monate haltbaren Produkt. Wenn sich bereits ein Qualitätsverlust bemerkbar macht, so kann man situativ entscheiden, ob nach Monat 10, 11 oder eben 12 erneut verkostet wird. In jedem Fall sollte alles dokumentiert werden.

Wer täglich die Chargen verkostet und freigibt, dem ist der frische Geschmack sehr vertraut, so dass es sein kann, dass einem Abweichungen auffallen, die die Mehrheit der Endverbraucher gar nicht wahrnimmt. Hier macht es Sinn, dass mehrere Personen verkosten. Optimal würde man Verbraucher gegen ein Referenzmuster verkosten lassen, etwa mit einem Duo-Trio-Test.

Piringer, O.G. (1993). Verpackungen für Lebensmittel: Eignung, Wechselwirkungen, Sicherheit. Weinheim: Wiley-VCH.