Die Nährwerttabelle laut LMIV

Das wichtigste in Kürze:

Es müssen die "Big 7" Energie, Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiß und Salz in Tabellenform angegeben werden. Es bestehen jedoch Ausnahmen von der Big-7-Pflicht und auch von der Tabellendarstellung. Die Angaben werden durch eigene Berechnung oder eine Laboranalyse ermittelt und müssen für 100 g oder ml (Flüssigkeiten) angegeben werden.

Die verpflichtende Nährwerttabelle gemäß LMIV

Die Pflicht zur Darstellung der Nährwertkennzeichnung bei vorverpackten Lebensmitteln gründet auf LMIV, Art. 9, lit. l, Einzelheiten dazu sind in LMIV, Art. 29 bis 35 beschrieben. LMIV, Anhang XV zeigt eine Mustertabelle mit der verpflichtenden Reihenfolge der einzelnen Angaben. Der Minimalumfang umfasst die Big 7 ("big seven"):

  • Energie
  • Fett
  • davon gesättigte Fettsäuren
  • Kohlenhydrate
  • davon Zucker
  • Eiweiß
  • Salz

Statt "Energie" kann auch "Brennwert" geschrieben werden, denn dies ist die gewählte Bezeichnung in Art. 30, Abs. 1, lit. a. Man darf jedoch nicht "Natrium" (wie früher vorgeschrieben) statt Salz angeben. Außerdem ist es nicht zulässig das Wortpaar "gesättigte Fettsäuren" mit "ges. Fettsäuren" oder gar "ges. FS"/"SFA" abzukürzen. Denn der Wortlaut ist fest vorgegeben und der Durchschnittsverbraucher könnte z.B. "gesunde Fettsäuren" interpretieren. Siehe hierzu auch den ALS-Beschluss Nr. 2016/12.

In der Gemeinschaftsverpflegung ist die Angabe der Nährwerte nicht verpflichtend (Art. 44, Abs. 1, lit. b). Möchte man dies jedoch freiwillig tun, hat man die Wahl, ob man die Big 7, nur den Brennwert oder geschlossen Brennwert, Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz angibt (Art. 30, Abs. 5). Man kann außerdem die Angaben statt auf 100 g/ml, auf eine Portion/Verzehreinheit beziehen (Art. 33, Abs. 3) und ist nicht an die Tabellenform gebunden (Art. 34, Abs. 4).

Wie werden die Nährwertangaben berechnet?

Der Nährwerttabelle wird üblicherweise eine Kopfzeile vorangestellt, dass es sich um durchschnittliche Werte je 100 g/ml handelt, konkret vorgeschrieben ist diese Kopfzeile nicht. Die Werte in der Tabelle müssen jedoch "Durchschnittswerte" sein (LMIV, Art. 31, Abs. 4) und sich auf 100 g/ml behziehen (LMIV, Art. 32).

Der "Durchschnittswert" ist definiert als der "Wert, der die in einem bestimmten Le­bensmittel enthaltenen Nährstoffmengen am besten repräsentiert und jahres­ zeitlich bedingte Unterschiede, Verbrauchsmuster und sonstige Faktoren be­rücksichtigt, die eine Veränderung des tatsächlichen Wertes bewirken kön­nen." (LMIV, Anhang I, Abs. 13) Das klingt erstmal sehr kompliziert bis zu unmöglich zu ermitteln, jedoch bietet die LMIV eine praxisgerechte Vorgabe in Artikel 31, Abs. 4:

Die günstigste Variante ist es, eine eigene Berechnung aufgrund der Werte der eingesetzten Zutaten durchzuführen. Dabei kann man auf die Angaben in der jeweiligen Rohstoff-Spezifikation des Lieferanten zurückgreifen oder allgemeine Datenbankwerte, wie z.B. vom Bundeslebensmittelschlüssel oder der Souci-Fachmann-Kraut-Datenbank. Es ist nicht selten, dass die Lieferantenwerte in der Spezifikation für Monoprodukte (also z.B. eine Frucht ohne weitere Zutaten) auch einfach nur Tabellenwerte sind.

Wenn viele Zutaten im Spiel sind, konzentrationsändernde Prozesse (Wasserverlust, oder -zugabe) angewendet werden oder z.B. enzymatische oder fermentierende Stoffänderungen stattfinden, kann eine Berechnung sehr herausvordernd sein. In diesen Fällen ist eine Laboranalyse üblich.

Die Lebensmittelüberwachung überprüft die Angaben über eigens beauftragte Laboranalysen, vor allem wenn neben den Big7 noch weitere (Pflicht-)Angaben gemacht werden.

Der Brennwert in kcal und kJ wird einem zwar vom Labor mitgeteilt, soll aber eigentlich durch eigene Berechnung gemäß den (sehr groben) Faktoren in Anhang XIV der LMIV festgelegt werden (LMIV, Art. 31, Abs. 2). Die Faktoren in Anhang XIV sind:

Die komplette Nährwerttabelle mit freiwilligen Angaben

Das folgende ausklappare Bild zeigt die Mustertabelle in der Verordnung, an der man sich orientieren soll:

Andere Nährstoffe, z.B. Omega-3-Fettsäuren, dürfen nicht innerhalb der Tabelle erscheinen. Solche Angaben dürfen jedoch beliebig auf der Verpackung als eigenes Element platziert werden, also auch direkt unter der Nährwerttabelle im genau gleichen Format. Um auf Nummer sicher zu gehen, kann man einen dicken Tabellenstrich zwischen der offiziellen Nährwerttabelle und den zusätzlichen Angaben ziehen.

In meinem eigenen Musterlayout (siehe Tabelle unten) sind die Pflichtangaben schwarz und die freiwilligen Angaben rosa.

Eine Portion ist die Menge, die (laut Ansicht des Inverkehrbringers)  pro Verzehrsitzung aufgenommen wird. Sie entspricht beispielsweise bei einer 1,5 Liter Getränkeflasche üblicherweise 200 ml (ein Becher voll), bei einer 0,33 Liter Getränkeflasche jedoch 330 ml, da es unüblich wäre, einen kleinen Rest für die nächste Verzehrsitzung aufzubewahren. Einen Hinweis darauf, ob die Portion die ganze Füllmenge beträgt oder nur einen Teil davon, ist auch, ob die Verpackung nach dem Öffnen wieder verschlossen werden kann. Unter diesem Gesichtspunkt wäre selbst eine 0,5 Liter Getränkedose als eine Portion zu werten.

Eine Verzehreinheit ist die Einheit, in die das Lebensmittel als kleinstes vernünftigerweise gestückelt werden kann. Bei Tafelschokolade mit entsprechenden Bruchkerben sind es meist 24 Einzelstücke.

Die Bezeichnung "Ref.*" ist nicht vorgeschrieben, es sollte sich aber um einen Bezug zur Referenzmenge handeln. Manchmal findet man ein "GDA" (Guidance/Guideline Daily Amount), was jedoch nicht korrekt ist, da es sich eben um keine Empfehlung handelt. Die Referenzmengen, nach denen man die Prozentanteile berechnet befinden sich in LMIV, Anhang XIII, Teil A (Vitamine und Mineralstoffe) und Teil B (Energie und Nährstoffe). Sie sind immer gleich und gelten für einen Erwachsenen, was bei Kinderlebensmitteln recht verwirrend sein kann.

Die Angaben in rosa unter dem Musterlayout sind weitere Angaben, die üblicherweise direkt unter der Nährwerttabelle stehen.

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*Referenzmenge für einen durchschnittlichen Erwachsenen (8 400 kJ/2 000 kcal)
Enthält geringfügige Mengen von …
Der Salzgehalt ist ausschließlich auf die Anwesenheit natürlich vorkommenden Natriums zurückzuführen.
1 Portion {Verzehreinheit} entspricht 0 g {ml}.

Angabe je 100 g oder 100 ml?

Die Werte in der Tabelle müssen sich entweder auf 100 g oder 100 ml des Lebensmittels beziehen (LMIV, Art. 32, Abs. 2), wann allerdings auf Gramm und wann auf Milliliter angegeben werden soll, ist dort nicht weiter beschrieben. Durch eine andere Gesetzesstelle (Koffeingehalt in LMIV, Anhang III, Art. 4) lässt sich jedoch schlussfolgern, dass bei "Getränken" je 100 ml angegeben werden sollte und bei "anderen Lebensmittel als Getränken" wahlweise in 100 g/ml. In der Fundstelle bezieht sich dies jedoch rein auf den Koffeingehalt als Pflichtangabe.

In der Praxis werden die Angaben an die Nettofüllmenge gekoppelt und diese ist "bei flüssigen Erzeugnissen in Volumeneinheiten" und "bei sonstigen Erzeugnissen in Masseeinheiten" anzugeben. Ein Getränk wird also z.B. mit 330 ml angegeben und die Nährwerte entsprechend mit Angaben je 100 ml. Wenn etwas nicht klar als "flüssiges Erzeugnis" eingeordnet werden kann, so ist die Nettofüllmenge und die Nährwertangaben als Masseangabe ("je 100 g") korrekt. Saucen werden in der Praxis in ml angegeben, hier ist bei Unsicherheit zur Einordnung immer ein Marktcheck empfohlen, also ein Blick auf die bereits etablierten Lebensmittel im Supermarkt.

Genauigkeit der Angaben / kleine Mengen

Manche Lebensmittel Wie z.B. Öle enthalten von bestimmten Nährstoffe der Big7 nichts oder sehr geringe Mengen. Zuckerfreie Getränke z.B. können auch gar keine der Stoffe enthalten. Wie können diese Angaben gemacht werden?

Wenn Brennwert oder ein Nährstoff "vernachlässigbar" sind, dann können diese aus der Tabelle gestrichen werden. Stattdessen kann dann "in unmittelbarer Nähe" zur Tabelle, also z.B. direkt darunter, Der Satz „Enthält geringfügige Mengen an …“ verwendet werden, der alle betroffenen Nährstoffe auflistest. (LMIV, Art. 34, Abs. 5) Für den Brennwert wäre es dann wohl korrekt "... gerinfügige Mengen an Energie."

Außerdem kann der Wert in der Tabelle (statt einer Streichung) als "0 g" oder mit einem "<" angegeben werden. Beim Kleiner-Zeichen (<) ist zu empfehlen, den Wert aus der Rundungsleitlinie für Behörden zu verwenden. Diese Leitlinie kann auch dafür genutzt werden um zu entscheiden dass ein Analysewert als "vernachlässigbar" gilt, also mit dem erwähnten Satz oder mit "0 g" angegeben werden kann. Auch bei der Entscheidung wieviele Nachkommastellen verwendet werden sollen, kann die Leitlinie herangezogen werden. Dies stellt jedoch keine Pflicht dar, der Unternehmer darf frei entscheiden, so lange es keine Irreführung darstellt. Im Folgenen ist die Tabelle aus der Leitlinie aus 2012 dargestellt:

Ist die Tabellenform verpflichtend?

Ja, aber nur bei genug Platz auf dem Etikett ist. Denn laut Art. 34, Abs. 2 sind die Nährwertangaben "sofern genügend Platz vorhanden ist, in Tabellenform darzustellen, wobei die Zahlen untereinander stehen. Bei Platzmangel können sie hintereinander aufgeführt werden", also als Fließtext.

Natürlich gilt für die Beurteilung, ob ausreichend Platz vorhanden ist, der für die gesamte LMIV gültige Art. 37:  "Freiwillig bereitgestellte Informationen über Lebensmittel dürfen nicht auf Kosten des für verpflichtende Informationen über Lebensmittel verfügbaren Raums gehen." Notfalls müssen also freiwillige Werbeaussagen oder Abbildungen reduziert werden.

Nicht explizit geregelt, aber durchaus denkbar für schmale horizontale Etiketten, ist eine Aufteilung auf zwei Tabellenblöcke direkt nebeneinander, also z.B. von "Energie" bis "davon gesättigte Fettsäuren" und von "Kohlenhydrate" bis "Salz".

Lebensmittel, die keine Nährwerttabelle benötigen

Eine Nährwertdeklaration ist nicht verpflichtend bei alkoholischen Getränken ab 1,2 Volumenprozent (LMIV, Art. 16, Abs. 4); falls doch erwünscht, darf nur der Brennwert angege­ben werden (LMIV, Art. 30, Abs. 4). Ein Zutatenverzeichnis muss bei dieser Produktgruppe ebenfalls nicht angegeben werden. Diese Sonderstellung stand auf dem Prüfstand der Europä­ischen Kommission, welche in ihrem Bericht vom März 2017 kaum noch eine Rechtfertigung dafür ausmachen konnte und der Branche ein Jahr Zeit einräumt eine Selbstregulierung zu for­mulieren (Europäische Kommission, 2017, S. 14).

Eine Nährwertdeklaration ist außerdem nicht verpflichtend bei nicht vorverpackten Lebensmitteln (lose Ware) (LMIV, Art. 44, Abs. 1, lit. b); falls doch erwünscht, darf nur der Brennwert oder im Verbund der Brennwert und die Mengen an Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz angegeben werden) (LMIV, Art. 30, Abs. 5).

Darüber hinaus sind die in LMIV, Anhang V aufgeführten Lebensmittel ebenfalls befreit (LMIV, Art. 16, Abs. 3) – z.B. Salz und Gewürze, sowie kleine Verpackungen deren "größte Oberfläche weniger als 25 cm2 beträgt".

Europäische Kommission (2012). Leitfaden für zuständige Behörden – Kontrolle der Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften. (Auf der Fundstelle der Kommissions-Webseite nicht mehr auffindbar, bitte per Suchmaschine probieren.)